Sonntag, 14. April 2019

Beschwerdemanagement für Kinder in der Kita



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eschwerdemanagement für Kinder                          

Kinder haben das Recht, sich zu beschweren. Zur Sicherung der Rechte von Kindern gibt es in unseren Einrichtungen geeignete Verfahren der Beteiligung sowie die Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten des Kindes gemäß § 45 SGB VIII Abs. 2, S. 3.

Jedes Kind hat grundsätzlich das Recht, sich über alles, was es bedrückt, zu beschweren. Das Beschwerderecht wird in unseren Einrichtungen in keiner Weise eingeschränkt. Alle Kinder dürfen ihre Beschwerden angstfrei äußern. Unsere pädagogischen Fachkräfte zeigen sich respektvoll und wertschätzend den Kindern gegenüber. Jedes Kind erhält bei Bedarf individuelle Hilfe von einem Mitarbeiter seines Vertrauens. Beschwerden können sich auch gegen pädagogische Fachkräfte richten. Unsere Mitarbeiter gestehen sich bei zutreffendem Sachverhalt Fehlverhalten ein und setzen Verbesserungsmöglichkeiten um. Auf Grund von Alter und Entwicklungsstand können nicht alle Kinder ihre Beschwerde verbal äußern. Unsere pädagogischen Fachkräfte sind daher gefordert, die vielfältigen Ausdrucksformen der Kinder feinfühlig wahrzunehmen und gegebenenfalls als Beschwerde zu interpretieren. Auch werden Beschwerden oft nicht konkret benannt. In diesem Fall werden von den Kindern Sätze wie:

„Kommt Mama bald?

Mir ist langweilig.

Die Jungs / Mädchen sind voll doof.

Ich will nach Hause.“

gebildet.

Zu den nonverbalen Signalen von Beschwerden zählen beispielsweise das Zurückziehen oder Weinen der Kinder, aber auch Reaktionen wie Kopf schütteln, Schlagen, körperliches Abreagieren oder das Ohren zuhalten. Dies alles sind nicht direkt geäußerte Beschwerden und werden von unseren Fachkräften trotz alledem einbezogen und bearbeitet. Die Ursache jeder Beschwerde ist ein unerfülltes Bedürfnis des Kindes.



Beschwerden können sein:

-      Beschwerden über das Verhalten von anderen Kindern.

-      Beschwerden über das Verhalten von Erwachsenen (Fachkräfte, Eltern).

-      Beschwerden über das Materialangebot.

-      Beschwerden über die Kitastruktur.

-      Beschwerden über die Raumgestaltung.

-      Beschwerden über die Kitaregeln.





Kinder benötigen ein Angebot verschiedener Beschwerdestellen:




-      Neutrale Beschwerdestelle für Kinder è eine pädagogische Fachkraft oder ein Elternteil dient als Ansprechpartner für alle Kinder è dies erfolgt beispielsweise in einer wöchentlichen Sprechstunde

-      Delegierte Kinder als Ansprechpartner è Kinder fungieren als Ideen- und Beschwerdestelle und dienen als Sprachrohr einzelner Kinder

-  Bezugserzieher als Ansprechpartner è Meinungen und Beschwerden werden an den Bezugserzieher herangetragen è gemeinsames Suchen nach Lösungsvorschlägen è regelmäßige Einzelgespräche z.B. SLT Interview: Gibt es etwas, das du mir sagen willst? Was gefällt dir in der Kita? Was würdest du in der Kita gerne verändern?

-  Leitung als Ansprechpartner è Sprechstunde für Kinder zu einem festgelegten Zeitpunkt è die Kinder können sich mit ihren Fragen, Wünschen und Problemen direkt an die Kitaleitung wenden                     è Unzufriedenheit über Kinder und Erzieher können geäußert werden     è das Gespräch kann dokumentiert werden è gemeinsam wird nach Lösungen gesucht

-      Eltern als Sprachrohr ihrer Kinder è Eltern reflektieren den Kitatag gemeinsam mit ihrem Kind und nehmen Beschwerden auf è Eltern übermitteln diese an unsere pädagogischen Fachkräfte

-      Beschwerdebriefkasten

-      Auch pädagogische Fachkräfte können als Sprachrohr für Kinder dienen   è wird Fehlverhalten von Kollegen wahrgenommen, muss dies angesprochen werden (je nach Situation wird der Mitarbeiter direkt angesprochen oder es erfolgt ein Gespräch mit der Kitaleitung



Von den Kindern geäußerte Beschwerden werden in einem geschützten, aber trotzdem öffentlichen Rahmen behandelt, um zu verhindern, dass Beschwerden im „Geheimen“ abgehandelt werden.

Grundlage für ein gelingendes Beschwerdemanagement ist die partizipative Haltung unserer pädagogischen Fachkräfte, die Kindern das verbindliche Recht zugestehen, ihre Meinungen, Anliegen und Beschwerden zu äußern und zu vertreten.

Beschwerdeablauf:

Unsere pädagogischen Fachkräfte nehmen Beschwerden der Kinder aus dem Verhalten oder aus ihren Formulierungen wahr. Dabei wird das Bedürfnis des Kindes, das hinter der Beschwerde steckt, herausgefiltert. Jede Beschwerde wird zeitnah bearbeitet und die Ergebnisse werden dem Kind rückgemeldet. Unsere pädagogischen Fachkräfte unterstützen die Kinder im gesamten Beschwerdeverfahren, auch wenn es um Beschwerden gegen Fachkräfte geht. Alle Schritte des Beschwerdeverfahrens werden möglichst nur mit Zustimmung, stets aber mit Kenntnis des Beschwerdeführenden Kindes in einer für das Kind überschaubaren Zeitspanne erfolgen.


Wie bereits zuvor geschrieben, kommt es auch im Beschwerdemanagement auf das Alter und den Entwicklungsstand der Kinder an. Kinder im Alter von 0-3 Jahren brauchen individuellere Prozesse und Prozessbegleitung. Unsere pädagogischen Fachkräfte achten sehr sensibel auf nonverbale Signale der Kinder und filtern mögliche Beschwerden heraus. Die Kinder in dem Alter haben keine speziellen Themen. Vielmehr geht es ihnen um ihre Selbstbestimmungsrechte (Wann möchte ich schlafen? Was möchte ich essen? Wer darf mich wickeln.)

Voraussetzung für die Umsetzung:

Durch feinfühliges Dialogverhalten unserer Mitarbeiter (Dialog auf Augenhöhe), wird es den Kindern möglich, ihre Gedanken und Handlungen auszuweiten. Dabei werden sowohl die Beziehungen zwischen den Dialogpartnern als auch die individuellen Aneignungsprozesse der Kinder gefördert. Die Dialoge werden gestaltet durch:

-      Versuchen zu verstehen è unsere pädagogischen Fachkräfte lassen sich auf das Kind, seine Perspektive und seinen Blick auf die Welt ein.

-      Eine fragende Haltung einnehmen è unsere pädagogischen Fachkräfte halten sich mit Annahmen, Bewertungen und Belehrungen zurück.

-      Erwachsenenwissen zurückhalten è unsere pädagogischen Fachkräfte gehen gemeinsam mit dem Kind auf „Forschungsreise“. Dabei sind die Dialoge ergebnisoffen.

-      Aktiv und wertschätzend zuhören è unsere pädagogischen Fachkräfte lassen sich auf das Kind ein, sind aufmerksam und interessiert an dem, was es mitteilt.

In den Dialogen zwischen den Kindern und unseren pädagogischen Fachkräften findet das aktive Zuhören statt. Inhalte werden von unseren Mitarbeitern wiedergegeben und beobachtete Gefühle verbalisiert. Den Kindern werden Gesprächspausen zugeschrieben und das vorschnelle Reagieren wird vermieden. Beschwerdeprozesse werden für die Kinder transparent gestaltet z.B. Beschwerdewand.

Methoden für die Umsetzung:

Im Kitaalltag finden sich viele Möglichkeiten, eine Beschwerde anzubringen. Im Rahmen der Kinderkonferenzen oder Morgenkreise finden Gesprächsrunden statt. Kinder können zu unterschiedlichen Themen direkt befragt werden. Hier gibt es Methoden, wie Skalieren, Ampelabfrage oder das Interview. Des Weiteres haben die Kinder die Möglichkeit, ihre Beschwerde an der Beschwerdewand anzubringen.

Methoden zur Bearbeitung von Beschwerden:

Die Kinder können Ideenfinder oder Beschwerdehelfer wählen. Diese gewählten Kinder werden bei aufkommenden Beschwerden hinzugezogen und helfen, mögliche Lösungsvorschläge zu finden. Es können auch Beschwerdegremien gebildet werden. Diese treffen sich regelmäßig und besprechen aktuelle Beschwerden sowie bereits abgeschlossene Beschwerdeprozesse.



Das Beschwerdeverfahren unterstützt die Überzeugung der Kinder wichtig zu sein, geachtet und ernst genommen zu werden ebenso wie ihre Bereitschaft, sich einzubringen und die Initiative zu ergreifen. Somit werden ihre sozialen, emotionalen und personalen Kompetenzen (Selbstwahrnehmung, Selbststeuerung, Selbstwirksamkeit)  erweitert.


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