Vor
einigen Tagen bin ich in einem Sozialen Netzwerk auf ein Angebot im Rahmen
einer Online-Weiterbildung zum Thema „Lerngeschichten“ gestoßen. Die
Online-Weiterbildung beinhaltet praktische Anleitungen und Übungen und der
Preis beträgt einmalig 97,-€. Da auch mich die Lerngeschichten im Kitaalltag
begleiten, hat mich dieser Artikel zunächst interessiert und auf Grund des
Preises gleichzeitig abgeschreckt.
Ich
habe mir natürlich auch die Kommentare zu diesem Angebot durchgelesen und bin
immer wieder auf Wörter wie Rahmenbedingungen, Personalbemessung, Bezugskinder,
Sekretärin, Beobachtungen, Dokumentationen, Analysen und Zeitmanagement
gestoßen.
Mir
ist sehr bewusst, dass es vielen schwerfällt, regelmäßig Lerngeschichten zu
schreiben. Mir ist es anfangs auch nicht leichtgefallen, vor allem als wir die
Nachricht unserer Leitung bekamen: „Jeder Mitarbeiter schreibt im Monat
mindestens eine Lerngeschichte!“ Das war zunächst ein Schock.
Der
Träger, für den ich arbeite, bietet sehr viele Fortbildungsmöglichkeiten an.
Dadurch werden Voraussetzungen geschaffen, dass sich jeder Mitarbeiter fehlende
Kenntnisse aneignen kann (auch ohne 97,-€ zu bezahlen ;-) ). Des Weiteren hat
er die Möglichkeit geschaffen, dass wir uns als großes Team sehen und jeder
Mitarbeiter seine besonderen Kompetenzen an die Kollegen weitergeben kann, auch
bezirksübergreifend. So hatten wir eines Tages eine Kollegin aus einem anderen
Bezirk innerhalb unserer Hausfortbildung, die uns zwei Tage die theoretischen
Grundlagen der Lerngeschichten aufgezeigt hat. Natürlich ist dabei der erste
Gedanke: „Ja super! Haben wir alles schon mal gehört. Einiges auch heute neu
gelernt. Aber wie sollen wir das alles neben unserer täglichen Arbeit bewältigen?“
Gedanken, die auch in den Kommentaren wieder zu finden waren. Das Gute war,
dass das Lernen am Ende der Fortbildungstage nicht abgeschlossen war.
Die
Kollegin kam einige Wochen lang regelmäßig zu uns in die Kita. In der ersten
Zeit beobachtete sie die Kinder, zog sich zurück und kam mit fertigen
Lerngeschichten wieder zurück. Sie schrieb an einem halben Tag bis zu drei
Lerngeschichten. Immer mehr war zu beobachten, dass sie die Kinder dabei mit einbezogen
hat.
Der
nächste Schritt war, dass sie mit uns gemeinsam in die Beobachtung gegangen
ist. Wir erkennen als Pädagogen natürlich Aha-Erlebnisse, aber durch die Hektik
im Alltag geraten sie schnell in Vergessenheit. Mit der Kollegin an der Seite
konnte das nicht passieren. Sie hat mit uns über die Situation gesprochen und
wir haben angefangen, die Lerngeschichte im Beisein der Kinder zu schreiben.
In
den ersten Wochen haben wir die Geschichten nur vorgeschrieben und alles andere
im Rahmen unserer mpA-Zeit fertig gestellt.
Nach
einigen Wochen, ausgestattet mit Fotodrucker und Laptop, erübrigte sich die
Wartezeit für die Kinder schnell. Wir haben gelernt, Lerngeschichten in den
Alltag zu integrieren.
Es
ist natürlich wichtig, dass jeder Kollege seinen eigenen Weg findet, um das
Arbeiten mit Lerngeschichten zu verinnerlichen. Ich selbst habe in früheren
Zeiten gerne mit Portfolio Vorlagen gearbeitet. Ich habe sie mir für jeden
Bildungsbereich selbst zusammengestellt und so mit Bildern und einer kleinen
Geschichte dazu die Entwicklung der Kinder dokumentiert. Das mache ich auch
heute noch, obwohl ich mittlerweile weiß, dass Portfolios Ereignisse aus Sicht
der Kinder dokumentieren. Ähnlich, wie ein Erlebnistagebuch und in der Ich-Form
geschrieben wird. Lerngeschichten können Teil des Portfolios sein.
Wie
gesagt, ich bin der Meinung, dass jeder Kollege für sich seinen Weg finden
muss. Wir machen es gemeinsam mit den Kindern für die Kinder!
Wer
sich vielleicht doch intensiv mit dem Thema Lerngeschichten auseinandersetzen
möchte, dem möchte ich das Buch „Bildungs-
und Lerngeschichte – Bildungsprozesse in früher Kindheit beobachten, dokumentieren
und unterstützen“ vom Verlag das Netz empfehlen.
In
diesem Buch sind die einzelnen Schritte in verschieden aufeinander aufbauende
Module eingeteilt, ähnlich wie in einem Studium.
Jedes
einzelne Modul ist sehr praxisnah erläutert und es gibt viele Beispiele und
Übungen. Dabei finde ich es sehr anschaulich erklärt, wie wichtig die Einbeziehung
der 5 Lerndispositionen ist.
Die
Lerndispositionen sind:
-
Interessiert sein (Was ist das Interesse des Kindes an dieser Beobachtung? Woran erkenne
ich es?)
-
Engagiert sein (Woran erkenne ich das Engagement des Kindes?)
-
Standhalten bei Herausforderungen und
Schwierigkeiten (Woran erkenne ich das
Standhalten des Kindes?)
-
Sich ausdrücken und mitteilen (Wie drückt sich das Kind aus und wie teilt
es sich mit?)
-
An der Lerngemeinschaft mitwirken und
Verantwortung übernehmen (Woran erkenne
ich, dass das Kind an einer Lerngemeinschaft mitwirkt und Verantwortung
übernimmt?)
In
diesem Buch ist der gesamte Ablauf zur Entstehung einer Lerngeschichte dokumentiert:
-
Beobachtungsbogen „Bildungs- und
Lerngeschichte“ mit Beschreibung der Ausgangslage und Beschreibung des
Handlungsverlaufs
- Analyse der Beobachtung nach den
Lerndispositionen und der Fragestellung: Um welches Lernen geht es? Welche
Bildungsbereiche werden aufgegriffen?
-
Bogen zum kollegialen Austausch über das
Lernen des Kindes mit Berücksichtigung verschiedener Beobachtungen und Ideen
für nächste Schritte und last but not least die
-
Lerngeschichte
Zusätzlich
beinhaltet das Buch eine DVD mit Filmen zu den Lerndispositionen sowie zu
fertigen Lerngeschichten.
Des
Weiteren gibt es die CD-Rom mit Arbeitsmaterialien und Kopiervorlagen. Hier
sind die einzelnen Module als Präsentationsfolien und Orientierungshilfen für
beispielsweise interne Hausfortbildungen enthalten.
Natürlich
kostet auch das Buch Geld, aber es besteht die Möglichkeit in anderen Kitas
nachzufragen und sich ein Exemplar zu leihen oder sich das Buch für das gesamte
Haus anzuschaffen!
Um
Lerngeschichten im Kitaalltag zu integrieren, ist ein Umdenken unsererseits
notwendig. Wichtig ist auch, dass wir uns im Team gut absprechen, damit kein
Frust entsteht! Lerngeschichten zu schreiben heißt nicht: „Ich gehe in
Konkurrenz mit meinen Kollegen!“ Sie sollen eine Bereicherung sein!
Was
mir persönlich besonders am Herzen liegt ist, dass Lerngeschichten nicht nur
für unsere Bezugskinder geschrieben werden! Wir sehen alle Kinder und erleben
all ihre Geschichten mit gleicher Faszination!
PS:
Wollt Ihr mehr über Lerngeschichten erfahren, könnt Ihr mir eine Nachricht schreiben. Präsentiere Euch dann gerne einen ausführlichen Artikel über die Herangehensweise oder beantworte auch gerne eure Fragen dazu ;-)
(auch ohne 97,-€)
#Lerngeschichten
#Portfolio
#LerngeschichtenInDerKita
Quelle:
https://images-na.ssl-images-amazon.com/images/I/5148e4v%2BfeL._SX363_BO1,204,203,200_.jpg vom 19.11.2016
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