Samstag, 19. November 2016

Lerngeschichten in der Kita




Vor einigen Tagen bin ich in einem Sozialen Netzwerk auf ein Angebot im Rahmen einer Online-Weiterbildung zum Thema „Lerngeschichten“ gestoßen. Die Online-Weiterbildung beinhaltet praktische Anleitungen und Übungen und der Preis beträgt einmalig 97,-€. Da auch mich die Lerngeschichten im Kitaalltag begleiten, hat mich dieser Artikel zunächst interessiert und auf Grund des Preises gleichzeitig abgeschreckt.

Ich habe mir natürlich auch die Kommentare zu diesem Angebot durchgelesen und bin immer wieder auf Wörter wie Rahmenbedingungen, Personalbemessung, Bezugskinder, Sekretärin, Beobachtungen, Dokumentationen, Analysen und Zeitmanagement gestoßen.

Mir ist sehr bewusst, dass es vielen schwerfällt, regelmäßig Lerngeschichten zu schreiben. Mir ist es anfangs auch nicht leichtgefallen, vor allem als wir die Nachricht unserer Leitung bekamen: „Jeder Mitarbeiter schreibt im Monat mindestens eine Lerngeschichte!“ Das war zunächst ein Schock.



Der Träger, für den ich arbeite, bietet sehr viele Fortbildungsmöglichkeiten an. Dadurch werden Voraussetzungen geschaffen, dass sich jeder Mitarbeiter fehlende Kenntnisse aneignen kann (auch ohne 97,-€ zu bezahlen ;-) ). Des Weiteren hat er die Möglichkeit geschaffen, dass wir uns als großes Team sehen und jeder Mitarbeiter seine besonderen Kompetenzen an die Kollegen weitergeben kann, auch bezirksübergreifend. So hatten wir eines Tages eine Kollegin aus einem anderen Bezirk innerhalb unserer Hausfortbildung, die uns zwei Tage die theoretischen Grundlagen der Lerngeschichten aufgezeigt hat. Natürlich ist dabei der erste Gedanke: „Ja super! Haben wir alles schon mal gehört. Einiges auch heute neu gelernt. Aber wie sollen wir das alles neben unserer täglichen Arbeit bewältigen?“ Gedanken, die auch in den Kommentaren wieder zu finden waren. Das Gute war, dass das Lernen am Ende der Fortbildungstage nicht abgeschlossen war.

Die Kollegin kam einige Wochen lang regelmäßig zu uns in die Kita. In der ersten Zeit beobachtete sie die Kinder, zog sich zurück und kam mit fertigen Lerngeschichten wieder zurück. Sie schrieb an einem halben Tag bis zu drei Lerngeschichten. Immer mehr war zu beobachten, dass sie die Kinder dabei mit einbezogen hat.

Der nächste Schritt war, dass sie mit uns gemeinsam in die Beobachtung gegangen ist. Wir erkennen als Pädagogen natürlich Aha-Erlebnisse, aber durch die Hektik im Alltag geraten sie schnell in Vergessenheit. Mit der Kollegin an der Seite konnte das nicht passieren. Sie hat mit uns über die Situation gesprochen und wir haben angefangen, die Lerngeschichte im Beisein der Kinder zu schreiben.

In den ersten Wochen haben wir die Geschichten nur vorgeschrieben und alles andere im Rahmen unserer mpA-Zeit fertig gestellt.

Nach einigen Wochen, ausgestattet mit Fotodrucker und Laptop, erübrigte sich die Wartezeit für die Kinder schnell. Wir haben gelernt, Lerngeschichten in den Alltag zu integrieren.

Es ist natürlich wichtig, dass jeder Kollege seinen eigenen Weg findet, um das Arbeiten mit Lerngeschichten zu verinnerlichen. Ich selbst habe in früheren Zeiten gerne mit Portfolio Vorlagen gearbeitet. Ich habe sie mir für jeden Bildungsbereich selbst zusammengestellt und so mit Bildern und einer kleinen Geschichte dazu die Entwicklung der Kinder dokumentiert. Das mache ich auch heute noch, obwohl ich mittlerweile weiß, dass Portfolios Ereignisse aus Sicht der Kinder dokumentieren. Ähnlich, wie ein Erlebnistagebuch und in der Ich-Form geschrieben wird. Lerngeschichten können Teil des Portfolios sein.

Wie gesagt, ich bin der Meinung, dass jeder Kollege für sich seinen Weg finden muss. Wir machen es gemeinsam mit den Kindern für die Kinder!



Wer sich vielleicht doch intensiv mit dem Thema Lerngeschichten auseinandersetzen möchte, dem möchte ich das Buch „Bildungs- und Lerngeschichte – Bildungsprozesse in früher Kindheit beobachten, dokumentieren und unterstützen“ vom Verlag das Netz empfehlen.



In diesem Buch sind die einzelnen Schritte in verschieden aufeinander aufbauende Module eingeteilt, ähnlich wie in einem Studium.

Jedes einzelne Modul ist sehr praxisnah erläutert und es gibt viele Beispiele und Übungen. Dabei finde ich es sehr anschaulich erklärt, wie wichtig die Einbeziehung der 5 Lerndispositionen ist.

Die Lerndispositionen sind:

-      Interessiert sein (Was ist das Interesse des Kindes an dieser Beobachtung? Woran erkenne ich es?)

-      Engagiert sein (Woran erkenne ich das Engagement des Kindes?)

-      Standhalten bei Herausforderungen und Schwierigkeiten (Woran erkenne ich das Standhalten des Kindes?)

-      Sich ausdrücken und mitteilen (Wie drückt sich das Kind aus und wie teilt es sich mit?)

-      An der Lerngemeinschaft mitwirken und Verantwortung übernehmen (Woran erkenne ich, dass das Kind an einer Lerngemeinschaft mitwirkt und Verantwortung übernimmt?)

In diesem Buch ist der gesamte Ablauf zur Entstehung einer Lerngeschichte dokumentiert:

-      Beobachtungsbogen „Bildungs- und Lerngeschichte“ mit Beschreibung der Ausgangslage und Beschreibung des Handlungsverlaufs

-      Analyse der Beobachtung nach den Lerndispositionen und der Fragestellung: Um welches Lernen geht es? Welche Bildungsbereiche werden aufgegriffen?

-      Bogen zum kollegialen Austausch über das Lernen des Kindes mit Berücksichtigung verschiedener Beobachtungen und Ideen für nächste Schritte und last but not least die

-      Lerngeschichte

Zusätzlich beinhaltet das Buch eine DVD mit Filmen zu den Lerndispositionen sowie zu fertigen Lerngeschichten.

Des Weiteren gibt es die CD-Rom mit Arbeitsmaterialien und Kopiervorlagen. Hier sind die einzelnen Module als Präsentationsfolien und Orientierungshilfen für beispielsweise interne Hausfortbildungen enthalten.

Natürlich kostet auch das Buch Geld, aber es besteht die Möglichkeit in anderen Kitas nachzufragen und sich ein Exemplar zu leihen oder sich das Buch für das gesamte Haus anzuschaffen!

Um Lerngeschichten im Kitaalltag zu integrieren, ist ein Umdenken unsererseits notwendig. Wichtig ist auch, dass wir uns im Team gut absprechen, damit kein Frust entsteht! Lerngeschichten zu schreiben heißt nicht: „Ich gehe in Konkurrenz mit meinen Kollegen!“ Sie sollen eine Bereicherung sein!

Was mir persönlich besonders am Herzen liegt ist, dass Lerngeschichten nicht nur für unsere Bezugskinder geschrieben werden! Wir sehen alle Kinder und erleben all ihre Geschichten mit gleicher Faszination!


PS:
Wollt Ihr mehr über Lerngeschichten erfahren, könnt Ihr mir  eine Nachricht schreiben. Präsentiere Euch dann gerne einen ausführlichen Artikel über die Herangehensweise oder beantworte auch gerne eure Fragen dazu ;-)
(auch ohne 97,-€)

#Lerngeschichten
#Portfolio
#LerngeschichtenInDerKita

Quelle:

https://images-na.ssl-images-amazon.com/images/I/5148e4v%2BfeL._SX363_BO1,204,203,200_.jpg  vom 19.11.2016

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