Donnerstag, 27. Oktober 2016

Die Entwicklung des bildnerischen Gestaltens und des Spiels


Die Entwicklung des bildnerischen Gestaltens und des

Spiels im

Alter von 9 bis 14 Jahren

Allgemeiner Teil
Diese Arbeit soll die kindliche Entwicklung im Bezug auf bildnerisches Gestalten, Spiel, Motorik und Sprache abhandeln. Der Schwerpunkt liegt auf dem bildnerischen Gestalten und dem Spiel.

Das Alter von neun bis vierzehn Jahren lässt sich in zwei grundlegende Phasen einteilen. Zum einen in die späte Kindheit und zum anderen in die frühe Adoleszenz.



Späte Kindheit
Unter der späten Kindheit versteht man die Zeit zwischen neun und elf Jahren. Diese Zeit ist der fließende Übergang von der Kindheit in das Jugendalter. Der Körper befindet sich in der zweiten Fülle, das heißt er bildet vermehrt Fett- und Muskelmasse aus. In diesem Alter nehmen Kinder ihre Umgebung ganzheitlich wahr, das heißt mit allen Sinnen.
Diese Phase wird als Phase der besten motorischen Lernfähigkeit in der Kindheit bezeichnet.
Unter Motorik verstehen wir alle willkürlichen Bewegungsvorgänge, welche die Stellung und den Spannungszustand des Bewegungsapparates und damit das Muskelsystem verändern.
Zur Motorik zählen die Grobmotorik (Bewegung des ganzen Körpers), Feinmotorik (dosierte und fein abgestimmte Bewegungen) und die Mundmotorik.
Die Bewegungen sind nicht mehr ziellos und zappelig, sondern beherrscht und zielgerichtet. Es ist eine hohe Leistungs- und Einsatzbereitschaft beim Sport erkennbar. Kinder ermüden zwar schnell, regenerieren sich aber ebenso schnell wieder. Die Gewandtheit und Beweglichkeit ist gesteigert. Kraft baut sich eher langsam auf, dafür steigert sich die Schnelligkeit sehr stark. Noch sind kaum Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen festzustellen, diese treten meist erst mit dem Beginn der Pubertät auf.
Es lässt sich sagen, dass die motorische Entwicklung stark an die Umgebung gebunden ist. Darf das Kind schon in jungen Jahren viel frei spielen und bekommt es ein ausreichendes und abwechslungsreiches Angebot an Bewegung, so ist die Motorik bei weitem besser ausgebildet. Leider ist dies in unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr unbedingt der Fall. Viele Kinder wachsen ohne einen Garten und meist auch ohne Geschwister auf. Oftmals spielt sich der größte Teil der Zeit in der Wohnung ab. Die motorischen Fähigkeiten der Kinder können sich nicht ausreichend entwickeln. Diesem muss man durch gezieltes Trainieren und Spielen entgegenwirken. Sport und Bewegung muss den Kindern angepasst werden, nicht umgekehrt.
Die Sprache der Kinder ist voll entwickelt. Auch die Grammatik wird ohne Fehler beherrscht.
Mit neun Jahren denken Kinder über ihre eigenen Gedanken nach. Sie entwickeln ein Verständnis für Metaphern, Doppeldeutigkeit und Sprachwitz. Sie beginnen perspektivisch und dreidimensional zu zeichnen.
Mit spätestens elf Jahren sind Kinder in der Lage wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen und ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren. Nun ist das Kind auch in der Lage Lernstrategien anzuwenden. Geschichten können auf einen Höhepunkt hin erzählt werden, so dass sie spannend werden.
In dem kompletten Zeitraum vergleichen Kinder ihre Leistungen mit Anderen. Zunehmend bilden sich Gruppen und es kommt zu gemeinsamen Aktivitäten. Zusätzlich bilden sich dabei auch tiefere Freundschaften. Allerdings ist der Kontakt zu dem anderen Geschlecht eher gering.
Nach Piaget ist dies die Konkret-Operationale Phase (sieben bis elf Jahre). Noch sind gedankliche Vorgänge weiterhin an anschaulich erfahrbare Inhalte gebunden. Es werden aber nun verschiedene Aspekte eines Gegenstandes oder Vorgangs gleichzeitig erfasst und zueinander in Beziehung gesetzt. Die erlernten Regeln werden auf zwei oder drei Begriffe und ihre Relation zu einander angewandt. Das Einteilen in eine Klassenhierachie wird beherrscht. Zum Beispiel Tiere – Hund – Schäferhund. Wenn also Bello ein Schäferhund ist, ist er auch ein Tier. Das Kind kann vorausschauend denken und sein Handeln reflektieren. Es ist in der Lage zu logischen Schlussfolgerungen bei Experimenten oder in einer konkreten Situation. Es weiß, dass Zahlen invariant sind, das heißt sie ändern sich nicht. Das Regelspiel/Strategiespiel wird zur vorherrschenden Spielform. Dabei bestimmen die Regeln des Spiels den Spielinhalt.
Frühe Adoleszenz
Als frühe Adoleszenz wird das Alter elf bis vierzehn Jahre bezeichnet. Dieses Alter bringt wohl die größten Veränderungen mit sich, die einer starken Berücksichtigung bedürfen. Bedingt durch die Pubertät verändert sich der Körper. Die Jungen bauen Muskelmasse auf und bekommen kantigere Gesichtszüge. Bei den Mädchen entwickeln sich die äußeren Geschlechtsmerkmale und der Körper fängt an, Fettmasse aufzubauen. Es vollzieht sich der Wandel von der zweiten Fülle zum zweiten Gestaltenwandel, in welchem es zu einem Wachstumsschub kommt. Die Körperteile wachsen aber nicht alle in synchroner Geschwindigkeit. Beine und Arme wachsen, relativ gesehen, früher als der Rumpf, was sich dann in schlaksigen und ungelenken Bewegungsabläufen niederschlägt. Der Körper erscheint von seinen Proportionen disharmonisch.
Dies schlägt sich auf die Motorik nieder. Die Bewegungen erscheinen ungelenk und unkoordiniert, was sich allerdings mit der Zeit „verwächst“. Dies ist auch die Zeit, in der Jugendliche sich endgültig für den Leistungssport entscheiden und diesen auch mit Ehrgeiz verfolgen. Es kommt zum Muskelaufbau, welcher nun auch trainiert werden kann. Es entwickelt sich ein Verständnis für Proportionen.
Die Sprache kann nun den entsprechenden Situationen angepasst werden. Es entwickelt sich eine Jugendsprache mit der sich diese Altersgruppe von dem Rest abgrenzt.
Nach Piaget ist dies die Formal-Operationale Phase (ab elf Jahren). Die Jugendlichen sind nun zur Abstraktion fähig, das heißt, dass Inhalte nicht mehr konkret vorstellbar sein müssen. Es ist ein hypothetisch-deduktives Vorgehen möglich. Sie sind nun zur Metakognition fähig, zum Beispiel über ihr eigenes Denken und die Form ihrer Argumentation nachzudenken. Nicht nur die inhaltliche Richtigkeit von Aussagen wird überprüft, sondern auch deren logische Form. Es ist die höchste Form des logischen Denkens erreicht.
In diesem Alter beginnt das formale Denken. Wahrnehmung und Denken lösen sich von der konkreten Anschauungsgrundlage. Das bedeutet, dass Kinder nun in der Lage zur Abstraktionsfähigkeit sind, sie beginnen mit dem logischen Denken auch in der Abstraktion. Sie bilden theoretische Ideen und wiegen diese gegeneinander ab. Sie verlassen sich auf ihre eigenen Schlussfolgerungen und das personenbezogene Lernen tritt immer mehr in den Hintergrund. Es beginnt die Findung der eigenen Identität, damit wachsen aber auch die eigenen Selbstzweifel, vor allem bei Mädchen. Jungen zeigen eher destruktives (zerstörerisches) Verhalten. Das Interesse am anderen Geschlecht steigt und es beginnt die Cliquenbildung. Die Jugendlichen fangen an, um Anerkennung zu buhlen und sich zu profilieren. Dabei erlernen sie ein angemessenes männliches beziehungsweise weibliches soziales Rollenverhalten. Gleichzeitig bildet sich ein moralisches Wertesystem aus. Der Konflikt mit den Eltern beginnt und dabei auch der Abnabelungsprozess.
Kunst
Die angeborene, kindliche Zeichenlust versiegt nicht mit dem Ende der Kindheit. Die Lust, Spuren zu produzieren, kann sich in seinem Drang nur entfalten, wenn die Spuren des Kindes von Anfang an möglichst unberührt ihren Ausdruck finden dürfen.
Dem Zeichnen ist eine kommunikative, klärende und erkennende Funktion wesentlich:
„Zeichnen ist der kürzeste Weg von der Idee zu ihrer Mitteilung. (…) Durch Zeichnen gewinnt man auch neue Informationen, Zeichnen dient dem Sehen. (…) Denn hier entsteht der direkte Kontakt zwischen Denken, Sehen und Machen (…) Zeichnen als kürzester Weg von der Idee zu ihrer Sichtbarkeit und Zeichnen, um Sehen zu lernen, das sind zwei Wege, auf denen das Zeichnen zur direkten Auseinandersetzung mit den Wirklichkeiten führt.“ (Pfennig 1969, S. 13)
Ein großer Unterschied zwischen Kitakindern und Schulkindern im künstlerischen Gestalten ist die Entwicklung der Motorik. Bei Kitakindern ist die Feinmotorik noch nicht vollständig ausgebildet, so dass es ihnen kaum möglich ist, Labyrinthe oder Gegenstände aus dem alltäglichen Erfahrungsbereich zu zeichnen. Schulkinder können durch feinmotorische Schwingungen Ornamente, Strukturen oder auch Tastwerte graphisch verdeutlichen.
Im Alter von acht bis elf Jahren vollzieht sich ein Wandel: Das Kind wird auf einer neuen, selbstbewussten Stufe Ich-bewusster; das Kind wird sich seiner Einzigartigkeit und Individualität bewusst. Die nun aufgenommenen Themen sind stärker auf die reale und individuelle Eigenwelt bezogen.
Ein weiterer Wandel vollzieht sich zwischen zwölf und dreizehn Jahren. In diesem Alter wächst die Fähigkeit zum abstrakten und urteilenden Denken, was besonders in „Alternativdarstellungen“ zum Ausdruck kommt.

z.B.

-          Heile gegen zerstörte Welt (ab acht Jahren fällt eine sprunghafte Zunahme von Bildern auf, die sich kritisch mit der Umwelt auseinandersetzen)

-          Krieg und Frieden (deutliche Geschlechtsunterschiede bei den Inhalten: Jungen: zeichnen Kriegsgegenstände, wie Waffen, Kriegsfahrzeuge, Panzer, Schiffe und Raketen;

Mädchen: zeichnen die Not und das Elend, die der Krieg vor allem für Frauen und Kinder mit sich bringt; sie zeichnen durch den Krieg zerstörte Dörfer, Tote, Verletzte, Angst und Trauer)

-          Darstellungen zu Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft

-          Arm und Reich

Die Phase zwischen acht und zehn Jahren wird als Schemaphase II bezeichnet. Sie gilt als letzte Phase bei der Entwicklung von Kinderzeichnungen, da danach viele Kinder aufhören freiwillig zu malen. Schemaphase bedeutet, dass das Kind die Grundformen beherrscht und durch Hinzufügen oder Abwandeln das individuelle Zeichnen weiter entwickelt. In dieser Phase ändert sich das Verhalten des Kindes noch einmal. Die zweite Schemaphase verläuft nicht kontinuierlich. Formen früherer Entwicklungsstufen treten immer wieder auf und vermischen sich.
Merkmale der Schemaphase II sind:

-          Bilder werden detailreicher; Ähnlichkeit zwischen gezeichnetem und realen Objekt nimmt zu; Einzelheiten werden ergänzt, die Bilder sehen nicht mehr alle gleich aus, reale Unterschiede werden berücksichtigt (z.B. Menschen, Tiere, Häuser)

-          Größenrelation wird beim Malen berücksichtigt; es entsteht das sogenannte „Steilbild“ oder „Horizontbild“, das heißt weiter entfernt liegende Objekte werden entsprechend kleiner im oberen Bereich dargestellt; ab zehn Jahren versucht das Kind dreidimensional zu zeichnen

-          zum Ende der zweiten Schemaphase treten hochformale Zeichnungen auf, z.B. Grundrisse von Gebäuden oder Querschnitte von Schiffen

-          Karikaturen, Übertreibungen und Ironisierungen fließen in die Bilder mit ein, Bilder werden detaillärmer, möglicherweise aus Angst vor unzulänglicher realistischer Wiedergabe, also eine Unsicherheit bezüglich der eigenen künstlerischen Fähigkeiten; statt gemeinte Objekte zu zeichnen, werden auch Sprachelemente eingefügt (zwischen neun und zehn Jahren) è  das Ende des „Malalters“ deutet sich an
Die menschliche Gestalt ist bis zu einem Alter von zehn und elf Jahren ein sehr vertrauter und der am häufigsten dargestellte Gegenstand eines Kindes. Mit zunehmendem Alter stehen die Personen nicht mehr statisch nebeneinander, sondern im dynamischen Zueinander. Die Schemata lockern sich durch das Einführen von Gelenken in der Profildarstellung auf. Die Gliedmaßen und der Hals beginnen organisch auszulaufen. Zwischen zehn und elf Jahren wird die en-face-Darstellung (Frontalansicht) von der Profildarstellung abgelöst. Aus geometrischen (räumlichen) werden organische (lebendige) Formen. Tiere werden anthropomorph (vermenschlicht) dargestellt.  Die Kinder identifizieren sich mit allem Lebendigen.
Das Bildschema wird nach dem „Prinzip der größten Deutlichkeit“ umstrukturiert. Die Persönlichkeitsmerkmale prägen sich sichtbar aus. Ein „hochängstlicher“ Schüler beispielsweise zeichnet eher regressiv (nachlassend), das heißt er greift auf genetisch frühere Gestaltungsmerkmale zurück. Somit stellen sich die individuellen Persönlichkeitsmerkmale immer deutlicher in den Bildern dar.
Mit ungefähr acht Jahren verliert das Kind das uneingeschränkte Vertrauen in die eigene Schöpferkraft, da es sich vom Ich-betonten Selbstausdruck abwendet und der direkteren Auseinandersetzung mit seiner Umwelt zuwendet. Die realistischen Elemente in den Darstellungen nehmen zu. Zwischen acht und elf Jahren steigen die gegenstandsanalogen Details spürbar an. Die Detailfreude des Kindes hängt von den Einflüssen der Schule, Freunde und weiteren ab.
Bedingt durch die heutige Gesellschaft und Entwicklung haben sich die Bildmotive im Gegensatz zu früher verändert. In früheren Zeiten wechselten die Bildmotive der Kinder von Märchenphantasien zu Robinsondarstellungen. In der heutigen „Fernsehkindheit“ sind die Bildmotive von Weltraumphantasien, Autoträumen, Comic-Adaptionen und andere massenmedial vermittelten Motiven geprägt. Die Häufigkeit der Menschendarstellungen geht nach dem achten/neunten Lebensjahr spürbar zurück.
Im Alter von circa elf Jahren endet die zweite Schemaphase und das Jugendalter beginnt. Der Heranwachsende entwickelt nun Präferenzen für bestimmte künstlerische Ausdrucksformen und versucht das bisher entwickelte gegenstandsadäquate Zeichenrepertoire diesen Vorlieben anzunähern. Dieses Stadium wird als „pseudonaturalistisch“ bezeichnet. Im Alter von zwölf Jahren nehmen Gestaltungen im Sinne eines formal-ästhetischen „Formspiels“ wieder zu. In diesem Alter werden zur künstlerischen Gestaltung Mittel, wie Kohle und Bleistift verwendet und Collagen und kombinierte Verfahren hergestellt.
Mit acht Jahren ist eine Umstrukturierung des Raumkonzeptes zu beobachten. Die Bedeutung der Bodenzone nimmt zu und beinhaltet diagonal verlaufende Wege. Die Himmelszone wird der Bodenfläche erst angenähert, dann angegliedert. Die Grenzzone eines „Horizonts“ bildet sich aus. Der Himmel bekommt die Aufgabe die Luft und die Atmosphäre zu vertreten. Bei Elementen, wie beispielsweise ein Haus oder ein Auto, beginnt das Kind mit ersten Versuchen einer plastischen Konstruktion, in dem es diese Motive „schräg“ in die Fläche einzeichnet, so dass zwei Seiten des Gegenstandes zu sehen sind. Diese Art des Zeichnens ist eine Zwischenstufe zum „Horizontalbild“. Mit etwa zehn Jahren hat das Kind ein Schema entwickelt, das es ihm ermöglicht, räumliche Beziehungen zu antizipieren. Raumvorstellung und Raumbewusstsein sind erst mit beginnendem Jugendalter so ausgebildet, dass es dem Zeichnenden möglich ist, tiefenräumliche Relationen zu verstehen und zu konzipieren, Blickwinkel zu vereinheitlichen und Linien zu verkürzen.

Farben sind wichtig, um die Phantasie der Kinder anzuregen. Die Verwendung der Farbe hängt vom ästhetischen Empfinden, von der gefühlshaften Stimmung und vom sachorientierten Wissen ab. Je jünger ein Kind ist, umso spontaner und subjektiver ist sein Umgang mit Farbe. Die Farbauswahl erfolgt unmittelbar und ist emotional gesteuert. Im Farbkonzept stellt sich im Laufe der zweiten Schemaphase ein Lerneffekt ein. Ab sechs Jahren wird immer häufiger die „realistische“ Farbe gewählt. Der Farbauftrag variiert in deckend und lasierend. Je älter ein Kind wird, umso bunter werden die Bilder. Am Ende der zweiten Schemaphase, zu Beginn der Jugendzeichnung, gerät auch das Farbkonzept unter den Einfluss der gegensätzlichen Bestrebungen der „Adaption“ und „Ablehnung“. Zwischen dem zwölften und dreizehnten Jahr ist die Tendenz zu reduzierter Farbigkeit sehr groß. Der Heranwachsende präferiert jetzt entweder den Darstellungswert der Farbe im Sinne einer naturnachahmenden Kolorierung (der Gegenstand soll durch die passende Farbe kenntlich gemacht werden) oder er entdeckt den „Eigenwert“ der Farbe als Element eines eigenständigen Gestaltungskonzeptes. 
Im frühen Jugendalter entwickeln sich, im künstlerischen Gestalten, Bildkonzepte mit hohem erzählerischem Anteil. Die Jugendlichen bedienen sich dabei traditionellen Darstellungsmitteln und Motiven, die jetzt in einer spezifischen Weise eingesetzt werden. Sie sollen der Selbstaussage dienen, „der Wendung nach innen“ zum Ausdruck verhelfen.

Kinder verarbeiten ihre Eindrücke, die sie täglich wahrnehmen, in ihren Bildern und bringen diese zum Ausdruck. Das bedeutet, dass sie dadurch auch Probleme konkret formulieren und bewältigen können. In diesem Sinne spiegelt die Kinderzeichnung einen wichtigen Teil der Entwicklung wieder und sollte daher nicht in ihrer Bedeutung unterschätzt werden. Es ist also ein Muss, sich Kinderzeichnungen immer wieder genau anzusehen, um etwaige Probleme frühzeitig zu erkennen.

Das Spiel

Das Spiel ist schon immer eine Beschäftigung der Menschen gewesen. Dieses wird innerhalb gewissen festgesetzten Grenzen von Zeit und Raum freiwillig aufgenommen. Das Spiel muss dabei nicht immer tieferen Zweck haben, sondern kann auch rein dem Vergnügen dienen. Genauso kann es aber auch einen sehr gewichtigen Grund haben, zum Beispiel die Bewältigung eines Problems oder zur Kommunikationsunterstützung. Ein Spiel hat nicht immer starre Regeln, sondern kann auch spontan und ungebunden stattfinden. Durch das Spiel werden soziale, kognitive, sprachliche, motorische und kreative Fähigkeiten des Kindes gefördert.
Das Spiel lässt sich in acht Spielformen unterteilen. Das Funktionsspiel, das Konstruktionsspiel, das Rezeptionsspiel, das Rollenspiel, das Regelspiel, das Bewegungsspiel, das Denkspiel und das Videospiele.
Das Funktionspiel wird auch als sensomotorisches Spiel bezeichnet. Die Sensomotorik beinhaltet alle Vorgänge, bei denen Sinnesorgane und Muskeln zusammenwirken, um Wahrnehmungseindrücke mit entsprechenden motorischen Handlungen zu verbinden. So fördert diese Art von Spielen die Hand-Augen-Koordination, die bis ins hohe Alter immer wieder gefördert werden sollte. Bei dieser Art von Förderung werden immer wieder neue neuronale Verbindungen entwickelt. Der Mensch lernt nie aus.
Beispielspiele:
Basketball, Tennis, Tischtennis, „Tisch-Klopf-Spiel“, Gordischer-Knoten
Das Konstruktionsspiel ist eine mehrdimensionale Spielform. Bei diesem Spiel entsteht ein Endprodukt, was bestaunt oder in weitere Spielhandlungen mit einbezogen werden kann. Diese Spielform kann alleine oder in der Gruppe gespielt werden. Die Produkte werden mit der Zeit immer genauer und ausgereifter. Die Konstruktionserfahrungen fördern nicht nur das Verständnis für kausale Zusammenhänge, sondern auch für mehrdimensionale Strategien und Problemlösungen.
Beispielspiele:    
Lego, Knete, Sandkasten, Gips, „Bau aus diesen Materialien…"
Das Rezeptionsspiel umfasst eine passive Form des Spielens. Dies beinhaltet zum Beispiel das Betrachten, das Zuhören, das Vormachen und das Zuschauen. Die wohl bekannteste Form dieser Spielart ist das „Vorlesen“. Das Vorlesen oder Erzählen von Geschichten, die Beschreibung von Sachverhalten, Informationen als Orientierungshilfe ermöglichen dem Kind, sich mit den eigenen Erfahrungen zum Erzählten oder Beschriebenen in Beziehung zu setzen und sich damit auseinanderzusetzen.
Beispielspiele:    
 Gruselgeschichten, Forterzählungsgeschichten, Märchen, Filme, Musik, Bilder
Das Rollenspiel ist eine Form des darstellenden Spielens. Es werden Situationen, Problematiken und Erlebnisse dargestellt und verarbeitet. Das Rollenspiel ist ein Gruppenspiel. Es ermöglicht den Spielern Positionen einzunehmen, die sie im alltäglichen Leben nicht einnehmen können oder dürfen. Dabei ist das schauspielerische Talent ohne Relevanz. Während eines Rollenspiels müssen sich die Darsteller mit sich selbst und dem Gegenüber auseinandersetzen. Dies bedarf einem Perspektivwechsel und der Fähigkeit zur Empathie. Das Kind imitiert sich dabei nicht selbst. Durch das Imitieren von „Vorbildern“, möchte das Kind die Richtigkeit seiner Verhaltensweisen überprüfen oder nachvollziehen.
Beispielspiele:    
Vater-Mutter-Kind-Spiele, Abklatschen/Einfrieren, Theaterstücke, Kasperle Theater
Das Regelspiel/Strategiespiel setzt die Gruppen-/Teamfähigkeit des Kindes voraus. Die Regeln des Spieles bestimmen den Spielinhalt. Das Einhalten der Regeln oder vorheriger gemeinsamer Absprachen zum Spielverlauf ist ein Ausdruck der Selbstbestimmung und Selbstbeherrschung. Dabei lernen Menschen aus ihren Fehlern zu lernen, ohne dass diese Konsequenzen haben. Das Regelspiel fördert das Wahrnehmen und Akzeptieren von Regeln. Bei Strategiespielen geht es nicht nur um Logik oder reproduzierendes Denken, sondern vor allem um die Variation von Problemlösungsstrategien oder Entwicklung neuer Strategien, die sich durch die Erfahrungen aus dem gemeinsamen Spiel ergeben und ins Handeln einbezogen werden. Bei keinem anderen Spiel wird die Selbstvorstellung des Spielers die aktuellen Konfliktstrategien, Denkblockaden, Umgang mit Gemeinschaft, so unverfälscht wiedergegeben wie bei Strategiespielen.
Beispielspiele:    
Siedler, Risiko, Mannschaftssportarten
Das Bewegungsspiel ist gekennzeichnet durch den Spaß an der Bewegung. Es fördert, die Kondition, Koordination, Motorik und das Gleichgewicht des Kindes. Das Bewegungsspiel ist ein Gruppenspiel. Das Bewegungsspiel orientiert sich an Regeln, der Umgebung (Räumlichkeiten), Materialien, wie auch dem Umgang miteinander.
Beispielspiele:    
Fangspiele, Suchspiele, Hüpfspiele, diverse Sportarten
Das Denkspiel bezieht sich rein auf die Metaebene. Sie fördern das logische Denken, die Abstraktionsfähigkeit, das Herabsetzen der Frustrationsgrenze und das selbständige Beschäftigen des Kindes.
Beispielspiele:    
Sudoku, Rätsel, Kartenspiele, Denkrätsel
In der heutigen Zeit sollten die Videospiele in dieser Altersgruppe nicht vergessen werden. Es gibt verschiedene Modelle von Videospielen. Zum einem die tragbaren für unterwegs (Nintendo DS oder PSP), die Konsolenspiele (X-Box360, PS4 oder Wii) und der Computer als Spielmedium. Bei Videospielen wird die Handlung auf einem Bildschirm oder auf einem Display dargestellt. Man kann Videospiele in zwei Typen unterteilen. Erstens in Knöpfchenspiele, bei denen es vor allem um Geschicklichkeit und Reaktion geht.
Zweitens in Köpfchenspiele, bei denen es um Wissen und Strategie geht. Es gibt auch Spiele, die eine Mischform darstellen. Mit der “Wii“ wurde 2006 ein dritter Typ der Videospiele auf den Markt gebracht. Dieses Spiel vereint körperliche Eigenbewegung mit dem Videospiel. Das Videospiel fördert die Hand-Augen-Koordination, das logische Denken und die detaillierte Auffassungsgabe des Kindes. Es gibt unter anderem folgende Genre: Jump & Run, Strategie, Abenteuer, Sportspiele, Rollenspiele und Lernspiele.
Die Kinder können ab einem Alter von zehn Jahren ihre Spielhandlungen mit Blick auf die Perspektiven aller Spieler flexibel koordinieren. Die Diskussion über Regeln steht in diesem Alter eher im Hintergrund. Im Alter von neun bis zwölf Jahren stehen Spiele im Vordergrund in denen der direkte Leistungsvergleich möglich ist, zum Beispiel „Spieler gegen Spieler“. Das Spiel findet noch mit vereinfachten Regeln statt, diese werden erst später durch beispielsweise Verein und Schule komplexer.
Damit Spielen in der Gruppe funktioniert müssen die Abstimmungsprozesse zufriedenstellend sein. Dazu müssen die Spieler innerhalb und außerhalb des Spielprozesses einen Perspektivwechsel vornehmen können.
Die Kinder finden Lieblingsspiele in den Gruppen.

Wir spielen unser Leben lang. Es begleitet uns immer und überall, auch ohne dass wir es immer bewusst wahrnehmen. Bei Kindern hat das Spiel noch eine andere Bedeutung als bei Erwachsenen. Sie lernen durch das Spiel, entwickeln sich und bereiten sich auf das Leben vor. Umso älter wir werden, desto mehr bekommt das Spiel den Zweck, Probleme und Situationen zu verarbeiten. das Spielen von Kindern sollte man daher nie unterbrechen, sondern fördern. Man hat als Erzieher die Möglichkeit über das Spiel die Gruppenstruktur zu beeinflussen, auf Probleme aufmerksam zu machen und Themen spielerisch zu vermitteln.


Was es sonst noch zu sagen gibt …

Als Erzieher nehmen wir einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes, im positiven, wie im negativen Sinne. Dessen müssen wir uns täglich bewusst sein bei der Arbeit mit Kindern. Der Grat zwischen Beeinflussung und Förderung ist schmal. Auf der einen Seite sollen Kinder die bestmögliche und größtmögliche Förderung bekommen, auf der anderen Seite dürfen wir sie dabei nicht beeinflussen, ihnen unsere Sicht der Dinge aufzwingen und sie überfordern durch Leistungsdruck.

Kinder sollen sich sowohl im Spiel, wie auch in der Kunst frei und ohne Zwang entwickeln. Es darf dabei niemals der Spaß verloren gehen. Es soll dabei beachtet werden, dass jedes Kind andere Voraussetzungen, Vorlieben und vielleicht „Talente“ mitbringt. Um allen Kindern dieselben Möglichkeiten zu bieten, ist ein abwechslungsreiches und breit gefächertes Angebot von Nöten.

Kinder messen sich zwar gerne miteinander und ein gewisser „Konkurrenzkampf“ ist sicher nicht schädlich, aber dabei dürfen Kinder sich niemals herabgesetzt oder minderwertig fühlen. Vor allem beim Spiel können Kinder ein gesundes Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein aufbauen. Sie lernen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden und ihren Charakter zu festigen. Daher sollten in Gruppen, die sich gerade in einer problematischen Phase befinden, Gruppenspiele immer angeleitet werden, um notfalls eingreifen zu können. Vor allem bei den Rollenspielen sollte schüchternen Kindern immer wieder die Möglichkeit gegeben werden, aus sich heraus zu kommen.

Der Stellenwert des Spieles und der Kunst in unserer heutigen Zeit ist immer geringer. Die Familie hat immer weniger die Zeit und die Ruhe sich mit dem Kind in diesen Bereichen zu beschäftigen. Daher ist in dieser Arbeit der Idealzustand beschrieben, der aber leider nicht der Ist-Zustand ist. Vor allem die motorischen Fähigkeiten sind meist weit weniger entwickelt. Auch im künstlerischen Bereich sind unsere Fähigkeiten meist gering. Das räumliche Denken fällt auch vielen im Erwachsenenalter noch schwer. In der Altersgruppe der späten Kindheit und der frühen Adoleszenz ist daher meist eine Nachförderung von Nöten. Auch wenn es gerne immer wieder in Vergessenheit gerät, ohne Spiel und Kunst können sich Kinder nicht vollständig entwickeln. Dinge, die bis ins Erwachsenenalter hinein nur unzureichend erlernt wurden, verfolgen uns meist unser Leben lang als Defizit.

Bei künstlerischen Tätigkeiten ist zu beachten, dass in Zeichen- und Malmaterialien immer noch schädliche Lösungsmittel enthalten sein können. Akute Dämpfe können süchtig machen und zu körperlichen Schäden führen. Für Kinder geeignet sind Materialien, die mit CE-Zeichen gekennzeichnet sind.

Zu den Videospielen ist zu sagen, dass dies nicht schwarz-weiß gesehen werden darf. Es ist eine Tatsache, dass Kinder meist von den vielen bunten und schnellen Bildern überfordert sind und auch eine gewisse Brutalität herrscht. Trotz alledem sind Videospiele aus unserer heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Kindern diese zu verbieten, verursacht mehr Probleme, als eine kontrollierte Benutzung dieser Medien.

Kinder werden heute frühzeitig mit Reizüberflutung konfrontiert. Wir können sie davor nicht beschützen, wir müssen sie dabei unterstützen dies zu bewältigen. Videospiele im kontrollierten Maße sind nicht schädlich. Kinder lernen dabei spielerisch mit elektronischen Medien umzugehen. Die Spiele müssen aber auf jeden Fall dem Alter des Kindes angepasst sein. Dazu dienen die Richtlinien des Staates und eine gute Selbstinformation.
#EntwicklungDesKindes
#KindlicheKreativität
#Spiel
Quellenangabe








Psychomotorische Spiele für Kinder in Krippen und Kindergärten, Sabine Herm, FIPP-Verlag, Berlin 1991

Lexikon Erziehung, D. Kraus-Prause/J. Kraus/E. Nonnenmacher, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Hamburg, 1995

Arbeitsblätter aus dem Unterricht:

aus dem Buch: Wahrnehmen und Gestalten von Beyer/Knötzinger, Stam Verlag, Köln 1994

aus dem Buch: Das Spiel verstehen, Jürgen Fritz, Juventa Verlag Weinheim, München, 2004

aus dem Buch: Dem Spielen Raum geben, Freya Pausewang, Cornelsen, 1997


























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